Dienstag, 14. April 2009

Wer ist zuständig dafür, Piraten zu fangen, oder so?...

...man könnte meinen, dass das doch vor dem Einsatz des Militärs, vor dem Aufmarsch der Kriegsschiffe, geklärt hätte werden sollen. Leider war das offensichtlich nicht der Fall. Da ein Kompetenzenstreit jetzt wichtiger ist, als alles andere, bleiben die Geiseln da wo sie sind - in der Obhut der Piraten, um es mal vornehm zu umschreiben.

Frau Merkel urlaubt im Ausland, ihre Minister und Wahlkampf-Partei-Freaks kämpfen um irgendein Profil. Das alles ist toller und amusanter als die Piraten-Jagd im fernen Somalia. Geiseln? Für unsere Regierenden inzwischen fast ein Reizwort in Form eines Fremdwortes, dessen Bedeutung man nicht so genau nimmt. Wer ist zuständig? - Keiner, oder alle? Ach, lassen wir das Thema...

Wohin mit den Piraten bei Erfolg ohne Tötung derselben? - Auch ein ewiges Gerangel. Keiner hat vorher nachgedacht, vorher abgeklärt, wie es scheint. Sponatan handeln ist zwar manchmal auch nicht schlecht, wenn es aber dann so ausufert und im Nichts endet, wie in unserem Fall, ist alles nur noch ein schlechter Witz, den niemand mehr so recht nachvollziehen kann.


Auch der Focus hat inzwischen festgestellt, dass wir am Rande der Lächerlichkeit lavieren:

http://www.focus.de/politik/ausland/tid-13944/deutscher-anti-piratenkampf-am-rande-der-laecherlichkeit_aid_389706.html


Deutscher Anti-Piratenkampf

„Am Rande der Lächerlichkeit“

Noch immer befinden sich deutsche Geiseln in der Gewalt von Piraten. Die Bundesregierung scheut eine Befreiungsaktion nach US-Vorbild. Dabei gibt es rechtlich keinerlei Bedenken.
Von FOCUS-Online-Redakteurin Christina Otten

Gefährliche Gewässer: Ein Piratenboot kurz vor der Festnahme durch die Fregatte „Rheinland-Pfalz“
Drei Schüsse, drei tote Piraten und eine befreite Geisel. Die Amerikaner jubeln noch immer über die von US-Präsident Barack Obama persönlich angeordnete Rettungsaktion für den Kapitän der „Maersk Alabama“, Richard Phillips. Die Scharfschützen machten kurzen Prozess mit den Seeräubern. Der gerettete Kapitän wird nun als Held gefeiert, und für kurze Zeit dürfen sich die Amerikaner als Sieger fühlen über den Seeräuber-Terror am Horn von Afrika.

Politische Befindlichkeiten

Anders ergeht es der Besatzung des deutschen Frachters „Hansa Stavanger“. Noch vor der „Maersk Alabama“ gekidnappt, befindet sich die Crew, darunter auch fünf Deutsche, noch immer in den Händen ihrer somalischen Entführer. Die Bundesregierung zögert, militärisch einzugreifen.

Dabei weisen deutsche Juristen und Verfassungsrechtler ausdrücklich darauf hin, dass rechtlich nichts gegen eine gewaltsame Geiselbefreiung spricht. „Es gibt keine Mandatsprobleme“, sagt Stefan Oeter, Direktor des Instituts für Internationale Angelegenheiten an der Universität Hamburg FOCUS Online. Das vom Bundestag beschlossene Mandat „Atalanta“ enthalte alle dafür notwendigen Kompetenzen, die nur voll ausgeschöpft werden müssten. So erlaube das vom UN-Sicherheitsrat erteilte Mandat nach Kapitel 7 der UN-Charta ausdrücklich die Gewaltanwendung. „Das bedeutet, dass die Marine mit Waffengewalt auch gekaperte Schiffe befreien und die Hauptschiffe der Piraten gezielt versenken darf.“ Deutschland drohe sich nach Ansichts Oeters nun an den „Rand der Lächerlichkeit“ zu bringen. Da es nicht um rechtliche Bedenken gehen könne, vermutet er „innere, politische Befindlichkeiten“.

Tatsächlich hatte die Bundesregierung nach FOCUS-Informationen eine Befreiung des deutschen Frachters „Hansa Stavanger“ durch die Spezialeinheit GSG 9 erwogen. Ein Kompetenzstreit zwischen Bundeswehr und Bundespolizei verhinderte aber letztlich den Einsatz. Am Abend des 4. April fiel in einer Telefon-Konferenz zwischen Auswärtigem Amt, Innen-, Justiz- und Verteidigungsministerium die Entscheidung, die Geiselnahme mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu beenden. Doch dann kam es zum Streit, weil die Marine die Einsatzführung beanspruchte.

Grundsätzlich ist für die Befreiung deutscher Geiseln im Ausland die Bundespolizei zuständig, Teile der Einheit sind darauf trainiert, gekaperte Schiffe auf See zu entern und die Geiseln zu retten. In kriegerischen Situationen kommt indes die Bundeswehr zum Einsatz, die ebenfalls entsprechende Spezialeinheiten bereithält.

Der Göttinger Jurist Werner Heun sieht nun die Politik in der Pflicht, diesen Kompetenzstreit umgehend zu lösen. „Zunächst handelt es sich um einen Militäreinsatz“, sagt Heun, der an der Universität Göttingen lehrt. Die Bundesmarine sei ausgerüstet mit einem robusten Mandat und müsse entsprechend handeln. Für eine Geiselbefreiung sei es daher eigentlich nicht notwendig, eine GSG-9-Einheit der Bundespolizei einzufliegen. Denn werde diese involviert, ergebe sich tatsächlich eine „ganz andere, schwierige Befehlskette“. Der Kompetenz-Wirrwarr könne dann nur die Politik auflösen. „Doch wenn in der Regierung selbst unterschiedliche Auffassungen herrschen, wird es natürlich schwierig.“
Marinesoldaten nehmen der Piraterie verdächtigte Männer fest
FDP-Verteidigungsexperte Rainer Stinner beklagt schon seit Längerem die „Handlungsunwilligkeit der Regierung beim Thema Anti-Piratenkampf“. Es reiche nicht aus, Schiffe zu begleiten, dadurch werde keine Piraterie bekämpft. Ihr „Handwerkszeug“, die Schiffe, müssten ihnen weggenommen und zerstört werden, sagt er im FOCUS-Online-Gespräch. Dem maritimen Nato-Hauptquartier seien die Positionen der Mutterschiffe der Piraten genau bekannt, so Stinner. Es bestehe aber keine Bereitschaft, die Mutterschiffe außer Gefecht zu setzen. „Die Bundesregierung will unter allen Umständen vermeiden, dass die Bundeswehr auch einmal wirklich militärische Mittel einsetzen muss.“ Doch sei dies in diesem Falle völkerrechtlich und durch das vom Bundestag gegebene Mandat völlig legitimiert. Die Möglichkeiten des Mandats müssten nun endlich genutzt werden. „Manchmal reicht auch schon ein gezielter Schuss in die Ruderanlage.“

Auch von den Grünen kommt Kritik. „In der Bundesregierung muss Klarheit herrschen, wer für den Einsatz gegen Piraten zuständig ist“, fordert Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin. Die Befreiung von Geiseln aus den Händen von Kriminellen liege klar in der Verantwortung der Eliteeinheit GSG 9 und der Polizei. „Es wäre erschreckend, wenn eine mögliche Befreiung der Piraten-Geiseln auf der „Hansa Stavanger“ am Kompetenz-Wirrwarr in der Bundesregierung und an unklaren Befehlsstrukturen gescheitert wäre.“

Schicksal der Deutschen ungewiss

Noch immer befindet sich mehr als ein Dutzend Schiffe mit mehr als 220 Menschen in Piratenhand. Wie es im Fall „Hansa Stavanger“ weiter gehen soll, scheint weiter unklar. Aus dem Auswärtigen Amt heißt es lediglich, der Krisenstab bemühe sich nach wie vor intensiv um eine Lösung des Falles.

Indes fahren die USA längst schwerere Geschütze auf. Sie bauen ihre militärische Präsenz am Horn von Afrika massiv aus. Obama ist offensichtlich nicht bereit, machtlos zuzusehen, wie Handelsschiffe gekidnappt, Mannschaften entführt und Unsummen von Lösegeld gezahlt werden: „Ich will es ganz klar sagen, dass wir entschlossen sind, der Zunahme der Piraterie in dieser Region Einhalt zu gebieten.“

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