Samstag, 28. März 2009

Warten auf die Sommerzeit


Mit dem Umstellen der Uhrzeit wird sie schon beschworen, die Sommerzeit - auch wenn es draussen noch so ungemütlich ist. Die Flucht vor dieser Realität endet im Bett, und in Träumen, die am Morgen nicht so recht enden wollen, wenn der "Jetlag" droht.

Die Katzen wissen es jetzt auch schon, nach mehrjähriger Erfahrung, dass an der Zeit herumgebastelt wird, sind ein wenig unruhig, und wollen zum Trost Leckerli herausschinden. Doch wer, oder was, tröstet uns Menschen?

Was könnte uns beruhigen, darüber, dass uns alles Mögliche genommen wird - und wir es zulassen - aus oft auch falsch verstandener Aufgeklärtheit? Die Feiertage werden unwichtig, denn keiner will sie noch verstehen. Dazu sind wir zu aufgeklärt - aber was hat das damit zu tun? Muss wirklich jeder Brauch abgeschafft werden, nur weil in der Vergangenheit damit Ungutes geschehen ist?

Das Moderne aber verwerfen wir nicht, obwohl darin auch nicht alles so toll läuft, und nur Gutes geschieht. Merkwürdige Menschen sind wir. Anstrengen wollen wir uns nicht dafür, unsere eigene Interpretation zu finden, selber etwas Gutes aus Altem zu retten, und Eigenes einzubringen. Das lassen wir zu, während doch wieder die alten Schlagworte greifen, die für uns nur neu verpackt wurden: "Du sollst nicht denken, sondern arbeiten!"

Also, roboten wir uns durch die Zeiten, warten auf die wärmende Sonne nach einem heftigen Winter, und lassen uns einreden, dass diese Sonne seit Neuestem zu warm auf uns herabscheine. Und, wir versuchen im Wirrwarr dieser neuen Mythologien zu verstehen, warum dieser Winter angeblich wieder zu warm gewesen sein soll, obwohl wir gefroren haben, als wir uns über den hart gefrorenen Schnee kämpften.

Wir haben in dieser Nacht an den Uhren gedreht, obwohl uns die Ahnung beschlich, dass es besser gewesen wäre, alles so zu lassen - im alten, auch normalen Zeitablauf. Und trotzdem lassen wir uns dauernd weiter enteignen, noch mehr entleeren, noch willfähriger machen. Nichts ist mehr heilig, nichts bedeutet mehr etwas, nichts Besonderes mehr. Und dann plötzlich wundern wir uns, wenn das Leben tatsächlich zu einem Einheitsbrei wird, in dem nichts Besonderes mehr zu geschehen scheint - jedenfalls nicht in positivem Sinn.

Wir müssen es schon selber regeln, anders ist es nicht möglich. Das Besondere muss schon jeder Mensch selber entdecken, anders geht es nicht. Wir sollten uns nicht jeden Rahmen dafür einfach wegnehmen lassen.

Eine andere Art Artikel darüber, dass das Uhrendrehen ungeliebt ist, findet sich hier:


http://www.faz.net/s/Rub9FAE69CECEA948EAAFE2806B54BF78AA/Doc~EBC7740EDADCB4542B146202F8AACDF42~ATpl~
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Zeitumstellung

Die Deutschen mögen die Sommerzeit nicht


28. März 2009 Die meisten Deutschen lehnen die zweimalige Umstellung der Uhren im Jahr ab. In einer repräsentativen Umfrage des Emnid-Instituts im Auftrag der „Bild am Sonntag“ stimmten 55 Prozent der Forderung zu, die Sommer- und Winterzeit abzuschaffen. Dagegen sprachen sich 41 Prozent für die Zeitumstellung aus.

In Westdeutschland sind 54 Prozent für die Abschaffung, im Osten sogar 62 Prozent. Für die Studie wurden am Donnerstag 503 Menschen befragt. Jüngere Deutsche zwischen 14 bis 29 Jahren sehen das Drehen an der Uhr positiver: 56 Prozent wollen an der Regelung festhalten; 41 Prozent sind dagegen. Bei den 40- bis 49-Jährigen haben 77 Prozent keine Lust mehr auf die Zeitumstellung, 21 Prozent wollen sie beibehalten. Befragt wurden am Donnerstag 503 Personen. Allerdings waren bei einer Umfrage der Zeitung zum selben Thema im März 2008 noch mehr Deutsche (62 Prozent) dafür, die Zeitumstellung wieder abzuschaffen.


n diesem Sonntag ist die Nacht eine Stunde kürzer als sonst. Zur Umstellung auf die Sommerzeit wird in Deutschland und allen anderen EU-Ländern um Punkt 2.00 Uhr die Uhr um eine Stunde auf 3.00 Uhr vorgestellt. Morgens bleibt es damit länger dunkel und abends länger hell. Zuständig für das Zeitsignal ist der Sender DCF 77 in Mainflingen bei Frankfurt/Main. Am 26. Oktober endet die Sommerzeit.

Wer sich immer wieder fragt, in welche Richtung es nun diesmal wieder geht, dem sei geraten, über eine Eselsbrücke in die neue Zeit zu reiten. Alle wollen zur Wärme, also wird die Zeit „in Richtung Sommer“ umgestellt: im Frühling eine Stunde vor, im Herbst eine Stunde zurück.

Geschichte des versuchten Energiesparens

Die Historie der Zeitumstellung ist eine Geschichte des - versuchten - Energiesparens. Als Urvater der Sommerzeit gilt Benjamin Franklin (1706-1790). Der amerikanische Politiker und Erfinder kritisierte 1784 in einer Denkschrift über „die Kosten des Lichts“ den hohen Verbrauch an Kerzen und forderte eine Zeitumstellung zur besseren Ausnutzung der natürlichen Helligkeit. Es sollten mehr als 100 Jahre vergehen, bis erste Staaten im Sommer an der Uhr drehten.

In Deutschland war es 1916 soweit. Energie für Strom war während des Ersten Weltkrieges knapp, und das Kaiserreich wollte durch längeres Tageslicht die Arbeitskraft der Beschäftigten in der Rüstungsindustrie besser ausnutzen. Ähnliche Gründe dürfte es gehabt haben, als im Zweiten Weltkrieg die Berliner Machthaber 1940 die Sommerzeit wieder einführten. Sie galt dann bis 1949. Im Notjahr 1947 gab es sogar eine Hochsommerzeit, und die Uhren wurden für Mai und Juni eine weitere Stunde vorgestellt.

Weniger Licht machen, dafür mehr heizen

Erst von 1980 an mussten die Deutschen im Frühjahr wieder eine Stunde früher aufstehen. Andere Länder waren der Zeit voraus, als damals die Bundesrepublik - zeitgleich mit der DDR - unter dem Eindruck der Ölkrise von 1973 die Sommerzeit einführte. Energiesparen war das Hauptmotiv für das 1978 beschlossene Zeitgesetz „für eine bessere Ausnutzung der Tageshelligkeit“. Experten hatten errechnet, dass damit der Stromverbrauch um etwa 0,15 Prozent zurückgeht.

Aber: Nach Erkenntnissen des Bundesumweltamtes brennen zwar während der Sommerzeit abends weniger Glühbirnen, dafür wird morgens mehr geheizt. Wer früher aufsteht, dreht auch eher am Thermostat - besonders im oft noch kühlen Monat April. Insgesamt steige der Energieverbrauch dadurch sogar an. Auch nutzen mehr Menschen die Helligkeit am Abend zu Ausflügen mit dem Auto. Ergebnis: höherer Benzinverbrauch statt Einsparung von knappem Öl.

Hoffen auf „Momo“

So alt wie die Sommerzeit ist der Widerspruch gegen die „gestohlene Stunde“. Man hofft auf eine „Momo“, die wie im Buch von Michael Ende (1929-1995) den grauen Zeit-Dieben das Handwerk legen soll. Müde Menschen klagen über eine Art „Mini-Jetlag“ mit schlechtem Schlaf, Konzentrationsproblemen oder Schwankungen der Herzfrequenz. Weil die innere Uhr den Körper noch nicht komplett geweckt hat, soll es sogar mehr Autounfälle geben. Die anfangs laute Kritik aus der Landwirtschaft ist inzwischen leise geworden. Zwar müssen Melker früher aufstehen als sonst, aber der befürchtete Rückgang bei der Milchproduktion blieb aus. Die Bauern geben den Kühen für die Zeitumstellung im Euter einfach ein paar Tage Zeit.

Inzwischen gilt in weltweit mehr als 60 Ländern eine Sommerzeit. Seit 1996 stellen alle EU-Mitgliedsstaaten die Uhren zum gleichen Zeitpunkt am letzten Sonntag im März eine Stunde vor und am letzten Oktober-Sonntag wieder zurück. Noch im Jahr 2007 forderten „Dr. Guido Westerwelle und Fraktion“ im Deutschen Bundestag „Bürokratie abbauen - Zeitumstellung abschaffen und Sommerzeit permanent einführen“. Der FDP-Antrag fand keine Mehrheit, und die Uhren werden weiterhin vor- und zurückgestellt: in diesem Jahr, im nächsten und so weiter.



Text: FAZ.NET

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